Dienstag, 28. November 2017

KonMari und Minimalismus: Die Reise geht weiter - Teil 2

Die KonMari-Methode - und spürst Du schon was?

In meinem letzten Blog-Eintrag habe ich Euch ausführlich die Aufräum- und Ausmistmethode von Marie Kondo beschrieben. Ich bin noch weit davon entfernt, alle Bereiche unserer Wohnung durchgearbeitet zu haben. Idealerweise soll man dies in einem Rutsch durchziehen. Vermutlich damit man den dabei entstehenden Motivationsschub besser nutzt und nicht mittendrin wieder aufhört. Bei mir ist es eher ein Prozess, der in Schüben kommt.

Äußere Ruhe überträgt sich auf innere Ruhe

Kennt Ihr das, dass Ihr bei einer wichtigen Aufgabe erst mal den Schreibtisch aufräumt und sauber macht, bevor Ihr anfangen könnt? Ich meine hier nicht die sog. "Aufschieberitis", dass man unangenehme Aufgaben wie die Steuererklärung aufschiebt und stattdessen Fenster putzt. Sondern dass man erstmal alle störenden Ablenkungen entfernt, damit man sich besser konzentrieren kann. So geht mir das oft in Bezug auf die Wohnung. Es gibt immer mal wieder Phasen, in denen ich unzufrieden bin oder es mir einfach nicht gut geht. Ich kann dann manchmal gar nicht greifen, was genau die Ursachen sind. Oder es steht eine schwierige Entscheidung an oder manchmal fühle ich mich in einem Raum einfach nicht mehr so richtig wohl. Dann packt es mich wie in dem Beispiel mit dem Schreibtisch. Ich kann dann keinen klaren Gedanken fassen und muss einen Bereich, der mich stört, ausräumen, säubern und ausmisten. Während des Aussortierens entsteht zwar erstmal mehr Chaos als vorher und ich habe dann immer einen kurzen Tiefpunkt, an dem ich fast bereue, dass ich damit angefangen habe. Wenn ich aber fertig bin und die aussortierten Dinge aus dem Raum geschafft habe, spüre ich eine tiefe Zufriedenheit und Leichtigkeit, wenn ich mir den aufgeräumten und sauberen Bereich anschaue. Noch Tage später muss ich manchmal lächeln, wenn ich an dem Regal oder Schrank vorbei gehe. Als wenn man in einem Raum wieder richtig atmen kann. Und dann kommen auch meine Gedanken zur Ruhe. 

Am Anfang war mir dieser Zusammenhang gar nicht bewusst. In den letzten beiden Jahren gab es bei mir viel Bewegung im persönlichen aber auch im beruflichen Bereich. Rückblickend ist mir aufgefallen, dass der jeweilige Zeitpunkt für den Aufräum-Impuls selten zufällig kam. Die äußere Ruhe und optische Klarheit überträgt sich bei mir also auch in eine innere, mentale Ruhe und Klarheit. Mittlerweile macht dies für mich auch Sinn. Wenn ich Ausmiste, muss ich eine Entscheidung treffen, ob ein schon lange ungenutzter Gegenstand noch einen Sinn und Zweck in meinem Leben erfüllt. Ob es z.B. nützlich ist oder mir einfach nur Freude bereitet. Dafür muss ich mich aber auch jedesmal fragen, was gerade sinnvolle Inhalte oder Prioritäten in meiner aktuellen Lebensphase sind. Über solche Gegenstände und Kategorien mache ich mir möglicherweise viel bewusster, was ich eigentlich gerade will und was nicht. 
Ein kleines Beispiel: Erst kürzlich habe ich mein Bücherregal aussortiert. Dabei bin ich über eine Reihe von Koch- und Backbüchern gestoßen, die ich noch nie oder schon seit Jahren nicht mehr benutzt habe. In erster Linie habe ich nach der KonMari-Methode entschieden, ob mir das jeweilige Buch Freude bereitet, weil es zum Beispiel optisch ansprechend gestaltet ist, oder verständliche Rezepte enthält. Gleichzeitig habe ich aber auch eine Entscheidung über meine zukünftige Ernährungsweise getroffen. Bei Büchern mit Party- oder Cocktailrezepten treffe ich eine Entscheidung, ob ich Zukunft plane eine größere Gruppe von Freunden oder Familie zu bewirten. Dieselbe Entscheidung treffe ich, wenn ich entscheide, wie viel Geschirr oder Besteck ich insgesamt behalten möchte. Es geht also nicht nur darum, ob mir das Muster oder die Form gefällt. Mithilfe dieser Entscheidungsprozesse schärfe ich mit jedem banalen Gegenstand und mit jeder Kategorie, die ich durchgehe, auch meine eigene Identität und meine aktuellen Prioritäten im Leben. 

Fantasy-Self : Mein Phantasie-Selbst


Das erklärt für mich auch, warum es mir bei einigen Dingen so leicht fällt diesen wegzugeben und warum ich an manchen Dingen so hänge, obwohl ich sie seit Jahren nicht benutze und auch nicht vorhabe, sie in nächster Zukunft zu nutzen. Warum fällt es mir so schwer? Weil sie stellvertretend für Bereiche in meinem Leben stehen, die ich mir wünsche. Wenn ich diese Partyrezepte und Servierschalen behalte, dann kann ich auch das Bild von mir behalten, das für die große Gastgeberin steht, die viele Freunde hat und niemals einsam ist. Dabei koche ich eigentlich nicht mal für mich selbst. 
Manchmal brauche ich mehrere Anläufe, bis ich mich von einem Gegenstand trennen kann. Das kann auch ein Kleidungsstück sein. Das Bild von mir, das mit hochhackigen Schuhen in einem eleganten Kleid ins Theater gehen wird. Tatsächlich sind die Schuhe aber so unbequem, dass am Ende doch ein anderes Kleidungsstück mit passendem Schuhwerk gewinnt. Oder die Hose, in die man wieder reinpassen wird, wenn man erstmal abgenommen hat. Ich denke, jeder kennt solche Beispiele. 

Ich habe schon einige Youtube-Videos gesehen, die dieses Phänomen beschrieben haben. Sie nennen es das "Fantasy-Self". Also das Phantasie-Selbst. Wenn mir also beim Aussortieren die Entscheidung schwer fällt und ich nicht weiß warum, hinterfrage ich, ob es für eine Phantasievorstellung von mir steht und wie realistisch es ist, dass diese Situation eintreten wird. Dann fällt mir die Entscheidung oft leichter. Bei einem Beispiel aus einem Video habe ich mich ertappt gefühlt. Manchmal hat man Dinge, die für etwas stehen, was man gerne wäre oder für ein Statussymbol, womit man andere beeindrucken möchte. Manche haben zum Beispiel viele Bücher, die sie aber noch nie gelesen haben. Sie würden sich selbst aber gerne als intellektuell oder belesen sehen oder wollen gerne so gesehen werden. Oder ob es die Schallplattensammlung oder das Ausstellen von teuren Gitarren oder Kameras ist. Da habe ich mich bei Gegenständen ertappt gefühlt, die für künstlerische oder kreative Aktivitäten stehen. Ob Zeichnen, Fotografie oder Handarbeit. Gerade weil ich hier viele Hobbies angefangen aber nie lange weiter geführt habe. Brauchte ich wirklich als Zeichen-Anfängerin das digitale Zeichentablett? Mittlerweile habe ich es weg gepackt. Habe es im Studium phasenweise stark genutzt. Später sah es auf dem Schreibtisch einfach nur "cool aus". Dieser Teil meiner Minimalismus-Reise - also meiner "Reise mit weniger" - hat mich am meisten wach gerüttelt. Dadurch verhilft mir das Aussortieren zu wesentlich mehr Klarheit und ich miste nicht nur meine Wohnung aus sondern schaffe auch Klarheit in mir selbst.

Wohin mit dem ganzen Kram?

Das Konzept des Phantasie-Selbst greift auch bei meinem nächsten Problem. Was macht man mit den Bergen von aussortierten Dingen? Ich war richtig erschrocken, wie viele Tüten an Kleidung oder Gegenständen zusammen kommen. Allein bei den Büchern waren es über 60 Exemplare! Der erste Gedanke ist erstmal, dass man ja alles verkaufen müsste. Da kommt bestimmt einiges zusammen. Von diesem Phantasie-Selbst habe ich mich mittlerweile verabschiedet. Kleidung bringe ich zur Altkleidersammlung. Ich sehe mich einfach nicht dabei, Stunden lang Bilder von den Teilen zu machen, diese im Internet mit langen Beschreibungen einzustellen. Dann muss ich noch Verpackungsmaterial für den Versand besorgen und zur Post bringen. Oder bei Selbstabholung wartet man vergeblich auf die vermeintliche Käufer, die dann doch nicht kommen. 
Dann kommt der Gedanke mit dem Flohmarkt. Da könnte man auf einem Schlag alles loswerden - ganz ohne Versand. Dann erinnere ich mich wieder an die ganzen Kartons im Keller, die bei jedem Umzug von einer Wohnung in die nächste gewandert sind. Man (also unser altes Phantasie-Selbst) wollte ja mal auf dem Flohmarkt die alten Zeitschriften verkaufen, die sich Dank Abos angesammelt haben. Zum Glück hatten wir vor dem letzten Umzug einen Wasserschaden im Keller, sodass dann das meiste in den Müll gewandert ist. Sonst würden sie vermutlich immer noch im Keller verstauben. 
Meine Erfahrung ist, dass die Sachen so schnell wie möglich aus der Wohnung geschaffen werden sollten. Dann besteht auch nicht die Gefahr, dass man wieder etwas raus holt und sich umentscheidet. Die Zeit und Energie, die damit verbunden wäre, die Dinge zu verkaufen, sind es mir nicht Wert. Wir haben die Bücher zu Oxfam gebracht. Dort werden sie günstig verkauft und der Erlös für gemeinnützige Zwecke verwendet. Die Bücher, die ich dort nicht abgeben kann, stelle ich in offene Bücherschränke in Frankfurt. Da kann sich jeder was rausnehmen oder reinstellen. Bei sehr wertvollen Dingen ist das natürlich etwas anderes. Aber da ist die Menge dann ja auch überschaubarer.

Mehr Überblick - leichtere Entscheidungen

Einen weiteren positiven Effekt aus den Berichten anderer kann ich bestätigen. Es fällt mir morgens leichter rauszusuchen, was ich anziehen möchte. Früher habe ich mich lange gequält und vor einem Schrank voller "nichts zum anziehen" gestanden. Und dann war ich mit der Wahl auch nicht wirklich zufrieden. Meist bin ich länger liegen geblieben, weil es mir schon davor gegraut hat. Dann war die Laune noch schlechter, weil man morgens so viel unnütze Zeit (und Energie) verschwendet hat. Jetzt habe ich einen viel besseren Überblick, was ich eigentlich besitze. Beim Ausmisten habe ich Kleidungsstücke wieder gefunden, an die ich mich nicht mal mehr erinnert habe und die ich jetzt wieder gerne und regelmäßig trage. 

Mein Kauf- und Konsumverhalten

Wenn man die KonMari-Methode durchführt und dabei den Berg von Dingen sieht, die man besitzt und sich dann noch die Menge der aussortierten Gegenstände anschaut, die man mühsam loswerden muss, hinterlässt das Spuren. Im Nachhinein ärgere ich mich über mich selbst über meine sinnlosen Spontankäufe oder wenn ich auf vermeintliche Schnäppchen reingefallen bin. "Für den Preis geht die Bluse ja". Das Dumme ist, dass ich nach einem Jahr nicht mehr weiß, dass diese Bluse zwar nicht perfekt passt, aber für den günstigen Preis ganz ok gepasst hat. Die Tatsache bleibt, dass sie eben nicht perfekt passt und ich sie deswegen nie anziehe. 
Heute versuche ich viel bewusster einzukaufen. Brauche ich das wirklich, oder ist es nur ein Frustkauf, weil ich nichts passendes gefunden habe und nicht mit leeren Händen nach Hause fahren möchte? Passt es zu meiner vorhandenen Garderobe? Gibt es passende Anlässe, es zu tragen? Welches Teil kommt dafür weg! Und natürlich die ultimative Frage "Macht es mich glücklich?" Wenn ich diese Frage nicht mit einem klaren Ja beantworten kann, bleibt das Teil im Laden.

Das selbe gilt auch für mein Online-Kaufverhalten. Mittlerweile lege ich erstmal die gewünschten Artikel in die Wunschliste und dann schlafe ich mindestens eine Nacht darüber. Manchmal erinnere ich mich am nächsten Tag nur noch an zwei von drei Teilen. Dann wird dieses gleich gelöscht. Es ist aber auch schon mal vorgekommen, dass ich den Kauf komplett vergessen habe. Dieser Glückshormon-Effekt, der mithilfe von ein paar Klicks zu Spontankäufen führt, die später einen schalen Nachgeschmack hinterlassen, scheint bei mir dadurch deutlich verringert zu werden. 

Der Prozess braucht Zeit und Geduld

Mittlerweile lasse ich mir Zeit, die einzelnen Bereiche durchzugehen. Ich habe auch mehr Geduld und Verständnis mit mir selbst. Wenn ich noch nicht bereit bin, etwas wegzugeben, dann ist das ok. Bei manchen Kleidungsstücken fällt es mir beispielsweise sehr schwer und ich rede mir ein, dass ich es ganz bestimmt nächste Woche anziehen werde und lege es im Schrank absichtlich nach ganz oben auf den Stapel. Im Laufe der Woche merke ich aber, dass ich dann doch lieber andere, darunter liegende Teile rausfische. Dann kann ich auch besser nachfühlen, was das Kleidungsstück in mir auslöst. Der Pulli ist so hübsch aber er kratzt immer so. Oder er ist viel zu warm fürs Büro. Dann denke ich gar nicht lange nach und es landet dann nach einiger Zeit doch noch in der Tüte für die Altkleidersammlung.

Es lohnt sich

Insgesamt hat mir diese bewusstere Auseinandersetzung mit meinem Besitz geholfen, unnötige Ablenkungen und Unruhe in meinem direkten Umfeld zu reduzieren. Räume, in denen ich mich wohl fühle, tragen zu meiner Erholung und Entspannung bei. Das Treffen von (aufgeschobenen) Entscheidungen gibt mir wieder ein Gefühl von Kontrolle und Überblick. Die äußere, visuelle Klarheit hilft mir mich über innere Werte, Prioritäten und Ziele klarer zu werden. 
Insgesamt ist es also ein Prozess, der zwar Zeit und Energie kostet, der sich aber lohnen kann. Also nur Mut: Stell Dich Deinem Phantasie-Selbst und gib den Teilen Deiner Identität Raum, die wachsen sollen. 

Sonntag, 19. November 2017

Der Beginn meiner Reise zum Minimalismus: Die KonMari-Methode - Teil 1

Kleines Buch - große Wirkung

Mittlerweile ist Marie Kondo weltweit bekannt und ihre sog. KonMari-Methode wurde sogar bei den neuen Folgen der Gilmore Girls veräppelt. Ich habe schon vor einigen Jahren ihr erstes Buch "Magic Cleaning: Wie richtiges Aufräumen Ihr Leben verändert" auf mein Kindle geladen und - kaum zuende gelesen - gleich mit dem Ausmisten begonnen. Wir waren damals aus dem Studentenwohnheim in unsere erste gemeinsame Wohnung nach Frankfurt gezogen. Obwohl wir mehr Platz hatten als vorher, platzten meine Schränke und Regale schon nach kurzer Zeit aus allen Nähten. Relativ kurz nach unserem Einzug fassten wir auch schon den Entschluss, in eine größere (und vor allem ruhigere) Wohnung zu ziehen. 
In Frankfurt kann die Wohnungssuche jedoch ein paar Monate dauern, daher bekam ich sowohl das Bedürfnis, noch in der "alten" Wohnung mehr Platz zu schaffen als auch schon mal unnötigen Ballast vor dem Umzug loszuwerden. Ich war damals recht erfolgreich damit, hatte insbesondere meine Kleidung aussortiert und dadurch wieder etwas mehr Platz im Schrank geschaffen. 

Der Effekt verpuffte jedoch schnell als wir in eine wesentlich größere Wohnung gezogen sind mit deutlich mehr Stauraum. Das Gefühl, dass man genügend Platz hat und nichts mehr unordentlich rum liegt, ist in den zwei Jahren, die wir hier wohnen, merkwürdigerweise recht schnell verflogen. 

Das hat mich sehr zum Nachdenken angeregt. Die Zahl meines Besitzes wächst scheinbar stetig mit meinem Platz oder sogar darüber hinaus. Mein bisheriger Lösungsansatz, mehr Stauraum anzuschaffen, scheint mein Problem also nicht dauerhaft zu lösen. Da muss was passieren.

Wenn ich mir meine letzten Blog-Einträge hier ansehe, entdecke ich einen roten Faden, der mir vorher gar nicht so bewusst war. Ich folge seit einigen Monaten zunehmend mehr Youtube-Kanälen, die sich mit dem Thema Minimalismus beschäftigen. Auch hier stoße ich dabei immer wieder über die KonMari-Methode, die in der Minimalismus-Szene neben anderen bewährten Ausmist-Methoden zu den Klassikern gehört. Da dieses Thema scheinbar einen immer größeren Stellenwert in meinem Leben einnimmt, wollte ich über den Prozess schreiben und Euch rückblickend an meinen Erfahrungen teilhaben lassen. 

Da dieses Buch einen Prozess ins rollen gebracht hat, möchte ich hier kurz das von Marie Kondo propagierte Vorgehen  zusammenfassen. Es liegt eine Weile zurück, dass ich das Buch gelesen habe. Daher hier nur die Punkte, die für mich wichtig geworden sind und die sich nach meiner Erfahrung bewährt haben. Was die KonMari-Methode von meinen vorherigen Versuchen, meine Wohnung aufzuräumen, unterscheidet, ist ihre zum Teil ungewohnte japanische Mentalität, die dahinter steckt. Bei ihrem Vorgehen fragt man nicht, das weg soll, sondern was soll bleiben! "Does it spark joy?" ist ein typisches Zitat aus dem Buch, dazu aber gleich mehr. 

1. Schritt: Man geht nicht nach Zimmern vor sondern nach Kategorien

Man fängt also nicht mit dem Schlafzimmer an und arbeitet sich von einer Ecke rundum durchs ganze Zimmer, sondern man geht verschiedene Kategorien durch. Hierbei schlägt sie eine konkrete Reihenfolge vor. Man beginnt mit Kleidung, die man in Unterkategorien unterteilen kann und nach meiner Erfahrung nach auch sollte. Man beginnt mit Oberteilen. Hier kann man zum Beispiel nochmal nach Tops, T-Shirts und langärmlig (Blusen, Pullover) unterteilen. Dann arbeitet man sich sukzessive durch alle Kleidungskategorien inkl. Schmuck und Accessoires durch.

2. Schritt: Alles herausnehmen

Der besondere Effekt ist der, dass man alle Teile der Kategorie aus den Schränken nimmt und sie auf einen Haufen legt. Auf den Boden oder auf das Bett, spielt keine Rolle. Dazu sucht man alle Teile dieser Kategorie aus der gesamten Wohnung zusammen. Nicht nur, was sich in dem Schrank oder Raum befindet. Wirklich alles, was man besitzt. Der Schock-Effekt, wie viel man eigentlich besitzt, hatte auf mich eine wachrüttelnde Wirkung. Nur so wird einem wirklich bewusst, wie viel man eigentlich besitzt. In der Regel haben wir mehr, als wir eigentlich bräuchten und als wir tatsächlich regelmäßig nutzen.

Meine Erfahrung: Ich merke einen deutlichen Unterschied, ob ich beispielsweise in meinem Bücherregal nur durchforste, was weg kann, indem ich nur davor stehe und die Buchrücken lese. Oder ob ich im Vergleich dazu wirklich alle Bücher herausnehme, das Regal abstaube und dann nur das zurückstelle, was bleiben soll. Ich bin dann viel wählerischer, was in meinem frisch geputzten Regal wieder ein Zuhause finden soll.

3. Schritt: Alles einzeln in die Hand nehmen und fragen: Macht es mich glücklich?

Dann kommt Maries berühmte Frage zum Einsatz "Does it spark joy?", was man übersetzten kann mit "Macht es mich glücklich?" oder "Löst es in mir Freude aus?". Dazu soll man jedes Teil einzeln in die Hand nehmen, sich diese Frage stellen und auf seine emotionale und körperliche Reaktion achten. Wirkt vermutlich erstmal befremdlich auf unsere westliche Mentalität - aber es funktioniert! Wenn man es schafft, sich darauf einzulassen, übt man mit der Zeit, in sich hineinzufühlen, was dieser Gegenstand in uns auslöst: Freude, Gleichgültigkeit oder vielleicht sogar negative Erinnerungen. Und Ihr kennt es ja vielleicht auch. Wenn ich etwas geschenkt bekomme, auf das ich mich schon länger freue zum Beispiel. Wenn ich das geliebte Teil endlich in den Händen halte, dann ist meine Reaktion anders als bei den ungeliebten Geschenken, bei den man vielleicht sogar vortäuschen muss, dass es einem gefällt. Man lächelt Freude strahlend und drückt den Gegenstand vielleicht sogar ans Herz im Gegensatz zu einem gequälten Lächeln, während man das Teil nur mit den Fingerspitzen halten möchte.
Diese Frage ist der Schlüssel zur KonMari-Methode. Das Ziel ist, am Ende nur von Dingen umgeben zu sein, die man liebt bzw. die einem Freude bereiten. Was für ein schöner Gedanke.

Bei Nutzgegenständen wie einer Zahnbürste muss man die Frage für sich natürlich anpassen. Zum Beispiel, ob es nützlich ist. Und ja, wenn ich meine Zähne nicht putzen könnte, wäre ich ziemlich unglücklich. Und eine alte, verbrauchte Zahnbürste mit verbogenen, verfärbten Bürstenhaaren löst in mir weniger Freude aus, als eine neuere Zahnbürste.
Wer sich mit dieser Frage schwer tut, oder wer gerade zu Beginn noch nicht die Reaktionen seines Körpers lesen kann, der kann sich natürlich auch weitere Alternativ-Fragen stellen. Gerade bei Härtefällen, nehme ich sie auch unterstützend zur Hilfe. Hier einige Beispiele:
  • Würde ich diesen Gegenstand/Kleidungsstück heute wieder neu kaufen?
  • Wann habe ich es das letzte Mal benutzt/getragen?
  • Wie schwer/leicht ist es, das Teil zu ersetzten, falls man es doch noch mal brauchen sollte?  Manche nehmen hierzu das Maß: in 20 Minuten unter 20 Euro ersetzbar? (z.B. Schrauben)
  • Würde sich jemand anderes mehr darüber freuen als ich?

4. Schritt: Auf die richtige Reihenfolge kommt es an

Nach der Methode beginnt man mit den Kategorien, die einem leichter fallen. Das ist in der Regel Kleidung. Dann arbeitet man sich mit zunehmender Übung und Selbstsicherheit in immer schwierigere Kategorien. Als nächstes kommen Bücher, dann Dokumente/Papiere. Dann die umfassendste Kategorie "Verschiedenes", darunter fallen zum Beispiel Küchenutensilien, Werkzeug, Pflegeprodukte im Bad, Dekoartikel, Koffer sowie Elektrogeräte. Gerade hier sollte man mit Unterkategorien arbeiten. Am Schluss kommt dann die schwierigste Kategorie: Erinnerungsstücke. Hierzu gehören Fotos, Tagebücher, Briefe, Souveniers und Geschenke. Mittlerweile findet man hierzu viele nützliche Listen mit Unterkategorien im Internet (z.B. Pinterest).

Gerade in der schwierigen Kategorie hat sie hilfreiche Denkanstöße, die es mir erleichtert haben, mich von Dingen zu trennen. Manchmal hat man etwas geschenkt bekommen, was einem in dem Moment sehr gefreut hat. Mit der Zeit gefällt es einem aber nicht mehr so sehr und man benutzt es kaum noch. Man fühlt sich irgendwie verpflichtet es zu behalten, weil es doch ein Geschenk war. Man kann doch keine Geschenke weiter verschenken oder verkaufen? Hier hat mir ihr Ansatz geholfen. Der Gegenstand hat seinen Sinn erfüllt. Der Sinn war, mir damals eine Freude zu bereiten, was es auch getan hat. Jetzt hat es seinen Sinn erfüllt und kann gehen. 
Dieser Satz hat mir auch bei Fehlkäufen bei Kleidung geholfen, die ich nie getragen habe. Dafür hab ich doch Geld ausgegeben und hatte es noch nie an. Vielleicht kommt die passende Gelegenheit ja noch! Auch dieser Gegenstand hat seinen Sinn erfüllt. Er hat mir gezeigt, dass die Farbe mit nicht steht oder der Stil nicht zu mir oder meiner restlichen Garderobe passt. Es hat mich gelehrt, in Zukunft beim Kauf mehr auf die richtigen Auswahlkriterien zu achten. So habe auch ich es geschafft, mich davon zu trennen und es löst beim Anblick kein schlechtes Gewissen mehr aus und verstopft mir nicht mehr den Kleiderschrank. Und wer weiß, ein anderer hat sich darüber vielleicht sogar gefreut.

5. Schritt: Alles bekommt einen festen Platz zugewiesen

Damit diese Methode nachhaltig zu Ordnung und Freude beiträgt, bekommt im letzten Schritt alles einen festen Platz zugewiesen. Daran erkenne ich zum Beispiel auch, dass es wieder Zeit wird, meine Sachen durchzusehen. Immer dann, wenn sich neue Stapel und Haufen in der Wohnung bilden mit Dingen, die da eigentlich nicht hin gehören. 
Außerdem merke ich bei manchen Gegenständen, bei denen ich mir unsicher bin, ob ich sie behalten will, erst in diesem Schritt, dass ich dafür eigentlich keinen richtigen Platz finde. Das passiert mir vor allem bei Deko-Gegenständen.

Weitere Tipps

Auf eine wichtige Regel möchte ich noch hinweisen: Man sollte nur seine eigenen Dinge ausmisten! Dinge des Partners sind ohne die jeweilige Zustimmung absolut Tabu! Das kann ich nur bestätigen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Partner mitmacht, sinkt extrem, wenn er oder sie ständig Angst haben muss, dass seine/ihre Sachen heimlich verschwinden. 
Ich habe einen Gegenteiligen positiven Effekt beobachtet, der auch von anderen beschrieben wird: Man kann andere nicht zu der Methode bekehren, ABER das Aufräumen und Ausmisten scheint ansteckend zu wirken. Gerade erst am Wochenende habe ich meine Bücher ausgemistet und mein Mann war so nett mir beim Wegbringen der schweren Ausbeute zu helfen und hat selbst einige Bücher zum Spenden mit dazu gelegt. Und vielleicht ist es nur Zufall, aber sein Büro sieht heute irgendwie ordentlicher aus als sonst?

Ihr findet auch ganz viel dazu im Internet in Blogs und vor allem bei Youtube. Auch Videos von Marie Kondo selbst sind ganz unterhaltsam und bringen alles nochmal auf den Punkt. Es lohnt sich. Weitere Erfahrungen und Auswirkungen werde ich in einem separaten Blogeintrag berichten. 

Also fröhliches Ausmisten!!